Starpianist Lang Lang. Klavierspiel mit Kindern.

Kaderschmiede oder Kinderkram? Musikalische Früherziehung am Piano

Können Kinder schon mit 18 Monaten Klavier spielen lernen? Und werden aus jungen Pianisten, die früh eine spielerische Förderung erfahren, gewiss einmal Virtuosen? Wer sein Kind fördern, aber nicht überfordern will, sieht sich vor diese und ähnliche Fragen gestellt, wenn ganzheitliche Ansätze zur musikalischen Früherziehung bereits Kleinkinder zum Mitspielen einladen.

Starpianist Lang Lang zu Gast im Education-Programm

Kein geringerer als der Piano-Virtuose Lang Lang war im April 2016 beim Klavier-Festival Ruhr zu Gast, wo er mit Vorschulkindern im Rahmen des Education-Programms Klavier spielte. (RuhrNachrichten) Oder besser gesagt: Wo er mit den Kindern rund um das Klavier spielte. Das Education-Programm ist Teil der Little Piano School, eines von Kim Monika Wright begründeten Konzeptes zur musikalischen Früherziehung von Kindern im Alter ab 18 Monaten. Doch während die Drei- bis Sechsjährigen, mit denen und für die Lang Lang spielte, sich fröhlich um ihn scharten, mag sich der ein oder andere Erwachsene gefragt haben, ob man in diesem frühen Alter tatsächlich schon das Klavierspielen erlernen kann und soll. Und ob umgekehrt ein spielerischer, ganzheitlicher Ansatz, wie die Lehrenden der Little Piano School ihn verfolgen, ausreicht, um Talente wie Lang Lang ausfindig zu machen und angemessen zu fördern.

Das Konzept der Little Piano School

Die Little Piano School, nach deren Grundsätzen seit 2006 junge Kinder an der Folkwang Musikschule in Essen unterrichtet werden, folgt einem anderen Ansatz, will keine Talentschmiede sein, sondern die Kinder im Vorschulalter spielerisch an Musik und Tonverstehen, an Notenkunde und Instrumentalspiel heranführen.

Unterrichtet wird in kleinen Gruppen, die von jeweils 2 Lehrenden angeleitet werden. In der Gruppe sollen die Kinder erste musikalische Fertigkeiten erwerben und zugleich soziale und persönliche Entwicklungen durchlaufen. Ausgangspunkt aller Aktivitäten in der Stunde ist jedoch immer das Kind und dessen jeweiliger Entwicklungsstand, sodass Eltern nicht befürchten müssen, dass ihre Kinder hier mit Forderungen konfrontiert werden, die sie letztlich überfordern.

Singen, spielen, tanzen, einander zuhören und gemeinsam Aufgaben lösen – wer dem Musikunterricht in der Little Piano School zuschaut, gewinnt Vertrauen in die Aussage von Gründerin und Unterrichtenden, dass hier kein Drill die Kinder zu etwas zwingt, was ihrem Alter nicht entspricht. Bunter Nagellack auf den Fingernägeln führt die Kinder auf die richtige Spur, wenn es darum geht, einen Ton auf der Tastatur zu finden, dem eine bestimmte Farbe zugeordnet wurde. Ein blau leuchtendes „Do“ beispielsweise oder ein orangefarbenes „Fa“. Überhaupt werden nach Möglichkeit gerade bei den Kleinen alle Sinne angesprochen, um ihnen erste musikalische Erfahrungen zu ermöglichen. Das Konzept realisiert damit genau das Gegenteil von dem, was überehrgeizige Eltern wie die berühmte „Tiger Mum“ sich für ihre Kinder wünschen.

Wie wird man Starpianist?

Wer seinem Kind also Freude an der Musik auf eine ganzheitliche Weise vermittelt wissen möchte, der ist sicher gut beraten, es nach Art der Little Piano School frühmusikalisch bilden zu lassen. Wie sieht es aber aus, wenn ein Ausnahmetalent wie Lang Lang das Licht der Welt erblickt? Ist eine solche spielerische Förderung dann noch angemessen und ausreichend?

Verfolgt man Lang Langs eigenen Werdegang, so gleicht dieser in Vielem der einer Künstlerbiografie, wie sie auch andere Musiker schildern. 

Die Erfolgsformel: Talent, Freude und Ehrgeiz im Dreierpack

Entscheidend ist gewiss, dass das Talent des Kindes, seine eigene Lust, ein Instrument zu erlernen und der Ehrgeiz der Eltern, es darin zu unterstützen und zu Bestleistungen anzutreiben, zusammentreffen. So heißt es von Lang Lang, er habe schon mit 2 Jahren den Wunsch geäußert, Klavier spielen zu lernen. Seine Eltern, die zuvor selbst Musiker waren, ihr Geld nun aber als Polizist und Telefonistin verdienten, unterstützten ihn darin, und speziell der Vater setzte seinen ganzen Ehrgeiz daran, aus dem Jungen einen berühmten Pianisten zu machen. Frühe Erfolge gaben ihm recht. Und wenn Lang Lang auch rückblickend konstatiert, dass er gern mal mit den anderen Kindern Fußball gespielt hätte, so scheint er doch insgesamt nicht unglücklich über eine Kindheit, die von großem Ehrgeiz und vielen Entbehrungen geprägt war, die ihn aber letztlich zu dem machte, was er heute ist: einer der besten Pianisten der Welt. 

Spielerische Förderung 

Ein wenig spielerische Frühförderung macht also noch keinen Pianisten. Wer sich als solcher durchsetzen will, muss Lang Lang zufolge eine harte Schule und eine gründliche Ausbildung durchlaufen. Er selbst übte im Alter von 6 Jahren bereits fünf Stunden täglich – eine seiner Übungseinheiten fand schon vor der Schule statt. Doch muss ja nicht jeder, der sich für Musik begeistert, auch professioneller Musiker werden. Und schon das Hören speziell von klassischer Musik hat nach Auffassung des Pianisten positive Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung, auf seine Sensibilität und Kreativität ebenso wie auf seine Fähigkeiten, sich die Welt zu erschließen und sich eine eigene Welt zu erschaffen. (Quelle: Interview mit Lang Lang im FOCUS)

Wie fördere ich mein Kind, ohne es zu überfordern?

Eltern, die in ihren Sprösslingen einen zukünftigen Lang Lang entdecken, sollten sich darüber klar sein: Ein früher Start an einer Klavierschule besagt noch nicht, dass die Kinder zu Pianisten werden. Einem Zweijährigen fehlt es nicht allein an Abstraktionsfähigkeit, er kann schon aus motorischen und physiologischen Gründen keine schwierigen Akkorde greifen. Zudem kann ein zu früher und zu heftiger Drill natürlich auch dazu führen, dass den Kindern die Lust an der Musik für alle Zeiten ausgetrieben wird.

Stehen dagegen Spaß und Freude sowie eine sanfte Förderung im Vordergrund, so werden erfahrene Lehrer sicher auch außergewöhnliche Talente entdecken und früh genug damit beginnen, diese systematisch zu unterrichten. Ob daraus dann ein ernsthaftes Interesse hervorgeht oder ob das Klavierspiel ein Hobby bleibt – das sollte der Nachwuchs selbst entscheiden.

Als Eltern berücksichtigen Sie am besten, dass diese Entscheidung nicht unbedingt im zarten Alter von 2 oder 3 Jahren getroffen werden muss und dass niemand gegen den eigenen Willen zur Virtuosität gezwungen werden kann.  Ein wenig Anschubhilfe dagegen kann auch das talentierteste oder motivierteste Kind immer gebrauchen. Ein Klavier können Sie für die Anfangszeit übrigens mieten – sofern Sie noch nicht sicher sind, ob Ihr Kind dabei bleibt oder nicht. Und den Klaviertransport übernehmen selbstverständlich wir von Piano Express.